Zeit ihres Lebens steht Ingeborg Bachmann im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Wie sehr sie darunter leidet, bringt sie in den Briefen an ihre Freunde sowie in ihren privaten Notizen und tagebuchartigen Aufzeichnungen zum Ausdruck. Hier zeigt sich ein Mensch, der um Gesundheit und inneres Gleichgewicht, um eigenes und fremdes Wohlergehen, um Stimmigkeit und Wohlklang ringt. Gebeutelt von Krisen und Krankheiten, innerseelischen Konflikten und Kämpfen wird sie ein Leben lang versuchen, sich mit ihrem alten starken Mut aus der Jugendzeit zu verbinden. Aus der Selbstanalyse und der kritischen Beobachtung ihres Umfelds schöpft sie immer wieder Kraft und schreibt weiter. Denn Schreiben ist ihr herrliches Land.
Verlässliche Verbündete stehen ihr zur Seite: Bücher, die für Bachmann kein Stück Literatur, sondern Leben sind. Und Freunde, die nicht nur ihr Talent bewundern, sondern auch ihren Pragmatismus und ihre Lebensfreude sowie ihre Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft schätzen. Beziehung und Bindung sind ihr nicht fremd, doch siedelt sie diese fern jeder konventionellen Partnerschaft an. An der Gründung eines neuen Beziehungsmodells scheitert sie in ihrem persönlichen Leben. Die Beziehungsarbeit gibt sie allerdings niemals auf und verlagert sie ins geschriebene Wort, aus dem Hoffnung auf ein Morgen spricht.
Anlässlich ihres 100. Geburtstags blickt Ingeborg Szöllösi auf Werk und Wirken der Klagenfurter Schriftstellerin. Aus Bachmanns regem Briefwechsel sowie den jüngst aus dem Nachlass publizierten Büchern Male oscuro. Aufzeichnungen aus der Zeit der Krankheit und Senza casa. Autobiographische Skizzen, Notate und Tagebucheintragungen ergeben sich einige Schlaglichter, die in Ingeborg Bachmanns Leben bestimmend waren und die nicht zu übersehen sind: Freundschaft, Liebe, Mut, Wüste, Bücher, Literaturbetrieb, Schein, Geld, Arbeit, Bindung, Schreiben.