»Schatten der Pinus«, der erste Roman der Lyrikerin Martina Caluori, führt uns auf einen fast verlassenen Campingplatz irgendwo am Meer: Die alte Dame trägt das stille Gedächtnis vergangener Generationen; Phine ringt mit dem Tod von Mutter; Bo kämpft mit dem Erbe eines repressiven Glaubens. Jochen wiederum wurde von seiner Frau und den Kindern verlassen, S. und Vira erhalten eine Stimme für die Brüche durch Kriege und Konflikte.
Zwischen Kiefern (Pinus) und Gischt entfaltet sich auf dem Campingplatz ein Beziehungs- und Erinnerungsgeflecht, das nicht linear, sondern in zersplitterten Strömen erzählt wird. Caluoris Roman, in dem erzählerische Passagen raffiniert mit lyrischen und mehrsprachigen Einschüben vermengt werden, durchbricht traditionelle Erzählstrukturen und spiegelt das komplexe Zusammenspiel von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft wider.
»Schatten der Pinus« ist ein Roman, der für ganz Europa spricht: leise, genau, unerbittlich. In der Auseinandersetzung mit Themen wie Heimatlosigkeit, Mutterfiguren, Vatererbe, Migration und der Mehrsprachigkeit in Erinnerung und Sprache spiegelt »Schatten der Pinus« die globalen Umbrüche unserer Zeit. Martina Caluori gelingt ein sprachmächtiges Werk über den Widerstand der Natur, das Aufbrechen von Erinnerungen und die ständige Transformation von Identität.